Swietelsky AG
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Europa auf Hochgeschwindigkeit bringen

19.10.2020, Lesezeit 6 Minuten
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Mit der neuen Bahnstrecke Wendlingen–Ulm als Teil der Magistrale für Europa sollen Menschen von Paris bis Budapest näher zusammenrücken.

Ohne den Transportweg Schiene wäre der Straßenverkehr ökonomisch und ökologisch schnell überfordert. Daran glaubt man bei SWIETELSKY bereits seit mehr als achtzig Jahren und so wurde aus dem Straßenbaupionier ein ebenso erfolgreicher Bahnbaupionier. Das Unternehmen schafft im Gleisbau die Voraussetzungen, damit Menschen und Güter schnell, günstig, sicher und komfortabel transportiert werden können. Weitsichtigen Investitionen verdankt man den modernsten Maschinenpark seiner Branche und ein eigenes Eisenbahnverkehrsunternehmen. Durch die Mitentwicklung und den Einsatz von Großmaschinen hat SWIETELSKY den Bahnbau in Sachen Effizienz und Arbeitssicherheit revolutioniert. Heute ist man in dieser Sparte europaweit führend und auch in Australien tätig. Prägenden Anteil an diesen Erfolgen hatte der 2020 verstorbene langjährige Generaldirektor und Miteigentümer Hellmuth Brustmann. Man werde ihn als Zukunftsgestalter mit sozialer Verantwortung in dankbarer Erinnerung behalten, meint der für den Bahnbau zuständige SWIETELSKY-Vorstand Peter Gal, und weiter: „Er hat den Grundstein dafür gelegt, dass SWIETELSKY international wettbewerbsfähig ist, wie spektakuläre Großprojekte im Ausland beweisen.“ Ein aktueller und in jeder Hinsicht außergewöhnlicher Auftrag ist die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm, die SWIETELSKY im Auftrag der Deutschen Bahn baut. Sie ist auch im europäischen Kontext von Bedeutung.

Eine Magistrale für Europa

Die Magistrale für Europa ist ein EU-Projekt für die Schaffung einer Eisenbahn Hochgeschwindigkeitsachse zwischen Paris und Budapest. Die Initiative wurde 1990 von Städten, Regionen, Industrie- und Handelskammern entlang der Schienenachse gegründet – mit dem Ziel einer raschen Modernisierung dieser Verbindung. Die Europäische Kommission nahm die Magistrale 1995 in die Planung auf und ernannte den Ungarn Péter Balázs 2005 als EU-Koordinator. Der Ausbau zur Hochleistungsverbindung gilt auch als wesentliche Voraussetzung für die rasche ökonomische, politische und kulturelle Integration von Ost- und Westeuropa. Das Projekt soll etwa 34 Millionen EU-Bürger in fünf EU-Staaten entlang einer etwa 1500 km langen Achse miteinander verbinden.

Stuttgart–Ulm mit 250 km/h in 28 Minuten

Ein Abschnitt dieser Magistrale für Europa verläuft von Stuttgart nach Ulm. Die Strecke soll bei einer Auslegung auf eine Geschwindigkeit von 250 km/h einen Reisezeitgewinn von etwa 26 Minuten bringen. Voraussetzung dafür ist eine Neubaustrecke von Wendlingen nach Ulm. Anfang 2018 sicherte sich SWIETELSKY in Arbeitsgemeinschaft mit der Vorarlberger Rhomberg Bahntechnik den Zuschlag für Gleisbau und bahntechnische Ausrüstung dieser Neubaustrecke. Bestandteile des etwa 250 Millionen Euro schweren Auftrags sind zuvorderst der

Bau von knapp 118 Kilometern Fester Fahrbahn, davon über 60 Kilometer in Tunnel, und 24 Weichen sowie die Errichtung von 50-Hz-Telekommunikations- und -Bahnstromanlagen. Außerdem werden über 2500 Kilometer Kabel verlegt, die mechanische Ausrüstung mit Lüftungsanlagen, Technikräumen und Beschilderungen übernommen sowie 78 Kilometer beleuchteter Handlauf verbaut. Das Vorhaben wird die Fahrzeit im Fernverkehr zwischen Ulm und Stuttgart von bisher 54 Minuten auf dann 28 Minuten fast halbieren.

Ein Projekt in zwei Losen

Das Projekt Wendlingen–Ulm ist in zwei Lose unterteilt. Das erste umfasst das Gebiet im Albvorland von Wendlingen bis zum Albaufstieg zwischen Weilheim und Hohenstadt, das zweite Los die Albhochfläche ab Widderstall bis zum Albabstieg nach Ulm. Die Ausführungsplanung erfolgte ab Februar 2018, seit 2019 wird gebaut. Während der Bauphase verantwortet die ARGE Bahntechnik Schwäbische Alb aus SWIETELSKY und Rhomberg auch die Gesamtkoordination mit der Leitung der beigestellten Gewerke Leit-/Sicherungstechnik und Fahrleitung sowie Baulogistik und Baustellensicherheit. „Wir haben mit innovativen Ideen, einer wirtschaftlichen Herangehensweise und qualitativ hochwertigen Referenzen überzeugt“, freut sich SWIETELSKY- Vorstand Peter Gal. „Mit der Bündelung der Fachkompetenz und der Erfahrung von Swietelsky und Rhomberg ist es uns gelungen, ein schlagkräftiges Team zu formen, das die enorme Aufgabe termin- und kostentreu sowie zur vollsten Zufriedenheit des Auftraggebers Deutsche Bahn abwickelt“, soGal. Ob das Projekt auch zweieinhalb Jahre nach Auftragsvergabe noch voll auf Schiene ist, erfahren wir vom Geschäftsführer der DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH.

 

INTERVIEW:

Olaf Drescher, Vorsitzender der Geschäftsführung der DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH

Olaf Drescher war seit Februar 2018 als stellvertretender Vorsitzender der DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH für das Geschäftsfeld Technik verantwortlich. Seit Juli 2020 ist er Vorsitzender der Geschäftsführung und verantwortet nun die Bereiche Bahntechnik und Rohbau sowie das Pilotprojekt Digitaler Knoten Stuttgart. Vor seinem Wechsel nach Stuttgart hatte er als Projektleiter für die Deutsche Bahn bereits die neue Schnellfahrstrecke Berlin–München (VDE 8) sowie die Hochgeschwindigkeitsstrecke Hamburg–Berlin erfolgreich zum Start geführt.

Worin liegt für Sie die besondere Herausforderung Ihrer neuen Aufgabe?

Das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm ist eines der größten und technisch anspruchsvollsten Infrastrukturprojekte Europas, allein schon in der Ausdehnung: Die beiden Großstädte, die unser Projekt im Namen trägt, liegen rund einhundert Kilometer auseinander. Zudem gibt es wenige Vorhaben, die sämtliche Bereiche des Bauens in solch einer Massierung in sich vereinen wie das unsere. Niemand meistert so eine Aufgabe im Alleingang. Es braucht dazu immer kompetente und begeisterungsfähige Mitarbeiter – und auf eine solche Truppe können wir hier in großer Stärke zählen. Überdies ist kein Großprojekt wie das andere: Stuttgart–Ulm lässt sich daher nur bedingt vergleichen mit Hamburg–Berlin und Berlin–München. Es schadet deshalb nicht, selbst als erfahrener Ingenieur – bei aller Begeisterung, bei allem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten – einen gewissen Respekt vor einer solchen Aufgabe zu entwickeln. Schließlich bauen wir Eisenbahninfrastruktur für mindestens die nächsten einhundert Jahre.

Ist die Neubaustrecke auf Kurs?

Beim Bau der Neubaustrecke sind wir wie im gesamten Bahnprojekt Stuttgart–Ulm pünktlich unterwegs. Die Tunnel zwischen Ulm und Wendlingen sind schon seit geraumer Zeit mindestens im Rohbau fertig. Im Steinbühltunnel beispielsweise liegen sogar alle Schienen. Insgesamt haben wir entlang der Neubaustrecke rund vierzig Kilometer Gleise verlegt, und wenn Sie mit dem Auto auf der A 8 unterwegs sind, erkennen Sie bereits überall die Masten für die Oberleitungen. Am Schmuckstück der Neubaustrecke, der Filstalbrücke, ist das südliche Brückenelement im Rohbau weitgehend fertig, mit dem nördlichen Teil erreichen wir demnächst die Talmitte. Alle Signale stehen bei uns also auf Inbetriebnahme!

Wie sehen die Schritte bis zur Inbetriebnahme aus?

Wie Sie sehen, dauert es nicht mehr lange, bis die Gleisbauer auch auf der Filstalbrücke anrücken können – auf Grundlage unserer derzeitigen Erkenntnisse ist der geplante Inbetriebnahmetermin für die Neubaustrecke gesichert: Zwischen Ulm und Wendlingen werden von Ende 2022 an Züge im Regelbetrieb fahren. Zunächst müssen natürlich wir als Deutsche Bahn im Doppelpass mit unseren Auftragnehmern unsere Hausaufgaben erledigen, sprich die Bauarbeiten pünktlich zu Ende bringen. Daran schließt sich ein umfangreicher Probebetrieb an, und danach kann es auf der Neubaustrecke mit dem Eisenbahnverkehr der Zukunft losgehen: digital und klimafreundlich – wir stehen für die Verkehrswende in Deutschland!

Wie gestaltet sich aus Ihrer Kundenperspektive die Zusammenarbeit mit der ARGE Bahntechnik Schwäbische Alb unter Beteiligung von SWIETELSKY und Rhomberg?

Beide Unternehmen zeichnen sich durch Kompetenz und die Bereitschaft aus, gemeinsam erfolgreich zu sein. Die Konstellation der ARGE Bahntechnik Schwäbische Alb bestätigt unsere Erfahrungen, die wir bereits an anderer Stelle im Projekt gemacht haben. Natürlich ist man hie und da mal unterschiedlicher Auffassung. Aber bisher haben wir stets gemeinsam Lösungen im Sinne des Projekts erarbeiten können. Ein partnerschaftlicher Umgang mit Auftragnehmern ist Voraussetzung und Garant für den Projekterfolg.

ZAHLENSPIELE

250 km/h Streckenhöchstgeschwindigkeit

Verkürzung der Fahrzeit von Stuttgart nach Ulm von 54 auf 28 Minuten

59,6 km Neubaustrecke

30,4 km Tunnelstrecke – 12 Tunnel

– Albvorlandtunnel

– Boßlertunnel

– Steinbühltunnel

– Albabstiegstunnel

2 Großbrücken

 Mag. Clemens Kukacka

Redaktion

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 Ing.  Matthias  Schauer

Reportage

Ing. Matthias Schauer

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