Swietelsky AG
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„Leadership ist etwas anderes als Management“

25.03.2022, Lesezeit 8 Minuten
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SWIETELSKY’s neuer Auslandsvorstand Klaus Bleckenwegner im Gespräch über sein Führungsverständnis, seine Prioritätenliste und darüber, wie sich unsere Zukunft aufgrund der Ukraine-Krise verändert hat.

Mit 1. April übernimmt Diplomingenieur Klaus Bleckenwegner eine Vorstandsfunktion bei der Swietelsky AG und damit die Zuständigkeit für die Sparten Hochbau, Tiefbau sowie Straßen- und Brückenbau auf allen Auslandsmärkten des Konzerns. Gemeinsam mit dem neuen CFO Harald Gindl läutet Bleckenwegner einen Generationenwechsel im Topmanagement ein. In seinen etwa zwanzig Jahren Berufserfahrung hat er sich als Baumanager in Zentral- und Osteuropa profiliert und war zuletzt in leitender Position eines österreichischen Konzerns für die Märkte Tschechien, Slowakei und Rumänien verantwortlich. Für die Bewältigung der Herausforderungen auf Swietelsky’s Kernmärkten Deutschland, Tschechien, Ungarn sowie in weiteren Ländern wie der Slowakei, Kroatien und Polen ist er damit prädestiniert. Aus aktuellem Anlass haben wir mit dem neuen Auslandsvorstand nicht nur über sein Führungsverständnis und seine Prioritätenliste, sondern auch über die Lage in der Ukraine gesprochen und was sie für die unmittelbare Zukunft bedeutet.

Sie werden mit Beginn des neuen Geschäftsjahres bei SWIETELSKY für mittel- und osteuropäische Märkt verantwortlich sein. Haben die Ereignisse der letzten Tage in der Ukraine Ihre diesbezüglichen Zukunftserwartungen in irgendeiner Weise beeinflusst?

Nicht, was SWIETELSKY betrifft. Ich sehe die Ereignisse eher als Turbo für ohnehin absehbare Entwicklungen. Der Themenkomplex „Nachhaltiges Wirtschaften“ wird noch schneller in den Fokus rücken. Denken wir dabei an alternative Energien, die nun plötzlich auch zu Freiheitsenergien wurden mit Blick auf die Energieunabhängigkeit. Aber auch an die Neugestaltung internationaler Lieferketten, wo wir deutlich resilienter gegenüber Krisen werden müssen, nicht nur bei SWIETELSKY, sondern gesamtgesellschaftlich.

Sehen Sie denn vor dem Hintergrund dieser Veränderungen auch Marktchancen für SWIETELSKY, beispielsweise durch die Energiewende?

Ja, die sehe ich klar in allen Ländern, wo wir tätig sind. Man denke beispielsweise an den Bau moderner Pumpspeicherkraftwerke, an Wasserkraftwerke, an Photovoltaikanlagen oder die entsprechende Energietechnik zur Verteilung, Speicherung und Steuerung erneuerbarer Energie. Da ergeben sich Nischen, die für SWIETELSKY interessant sind und wo wir unser Engagement verstärken beziehungsweise den wachsenden Anforderungen des Marktes anpassen werden.

Der Weg zur Energieunabhängigkeit werde ein steiniger sein, prognostizieren viele Experten. Erneuerbare Energie sei viel volatiler in ihrer Verfügbarkeit. Zudem sind massive Investitionen nötig, um die Lücke, die fossile Energieträger hinterlassen, ausreichend schnell schließen zu können. Wird sich das ohne unerwünschte Nebenwirkungen wie Blackouts und Preisturbulenzen überhaupt ausgehen?

Ich denke, dass uns hier ein großer Umdenk- und Handlungsprozess auf europäischer Ebene bevorsteht. Die jüngste Entwicklung hat die Prioritäten neu geordnet. Vor einem Jahr haben wir noch unter dem Eindruck der Coronakrise gewaltige Unterstützungsmaßnahmen, Transferzahlungen und gemeinsame Verschuldung innerhalb der EU beschlossen. Demnächst wird es darum gehen, alle Mittel und Anstrengungen auf die Ziele hin zu justieren, die jetzt in den Fokus gerückt sind, also im Wesentlichen auf die Energieunabhängigkeit und die Eigenversorgung Europas. Wir müssen unsere Abhängigkeiten entschlossen reduzieren, was natürlich nicht überall gleich gut und auch nicht überall kurzfristig möglich ist. Ich habe keine Glaskugel, um in die Zukunft zu blicken und zu sehen, wie gut wir das alles hinbekommen, aber ich bin grundsätzlich Optimist. Jedenfalls habe ich den Eindruck, dass ein breites Bewusstsein für die Problematik vorhanden ist.

Mit welchen unmittelbaren Auswirkungen des Krieges in der Ukraine rechnen Sie?

Wir werden immer häufiger damit umgehen müssen, dass sich einzelne Rohstoffe erheblich verteuern, an neuen Orten beschafft werden müssen, oder im schlimmsten Fall zeitweise nicht zur Verfügung stehen. Welche Szenarien uns hier genau erwarten, kann heute wohl keiner wissen. Umgekehrt werden sich aber durch die großen und abgestimmten Anstrengungen im Bereich der Energiewende auch Chancen ergeben.

Sie haben sich drei Monate im Unternehmen auf die Übernahme Ihrer Vorstandsfunktion vorbereitet. Was sind Ihre ersten Eindrücke von SWIETELSKY?

Sehr positiv ist mir aufgefallen, dass mir mit großer Offenheit und Wertschätzung begegnet wurde. Ich habe den Eindruck, das ist generell ein Markenzeichen von SWIETELSKY und muss bewahrt werden. Zudem ist das Unternehmertum stark ausgeprägt, Geschäftsideen werden dezentral entwickelt und lokal in den Niederlassungen realisiert. Mich freut auch, dass ein gesundes Selbstbewusstsein im Unternehmen herrscht. Man blickt nicht nur auf eine erfolgreiche Vergangenheit, sondern ist auch von einer positiven Zukunft überzeugt. Darauf kann man gut aufbauen. Dennoch spüre ich auch eine gewisse Aufbruchstimmung in eine neue Epoche der Geschichte von SWIETELSKY.

Welchen Schwerpunkten werden Sie sich denn in nächster Zeit widmen?

Nachhaltig erfolgreiches Bauen bringt aus meiner Sicht große Aufgaben in der Personalentwicklung mit sich. Wir wollen noch lange in die Zukunft bauen, daher müssen wir junge Generationen ins Unternehmen bringen, sie verankern und gut entwickeln. Die generationenübergreifende Zusammenarbeit darf nicht aus den Augen verloren werden. Natürlich sind wir auch gefordert, den Blick auf unsere Kunden zu richten. Sind wir gut vorbereitet auf zukünftige Wünsche unserer Kunden und was gilt es dafür anzupassen? Das muss offen diskutiert werden. Mein dritter Schwerpunkt liegt im Bereich „Innovation und Technologie“. Das geht für mich über Digitalisierung hinaus. Es gilt den Innovationsgeist auf allen Ebenen zu bestärken.

Worin unterscheidet sich SWIETELSKY eigentlich in seiner Geschäftspolitik von anderen großen internationalen Bauunternehmen in Zentral- und Osteuropa?

Eine hohe Selbstständigkeit der operativen Organisation in den einzelnen Ländern bis auf die lokale Ebene hinunter. Damit einhergehend hohe Eigenverantwortung gebündelt mit einem großen gegenseitigen Vertrauen. Es geht hier weniger um Regeln und deren Einhaltung, sondern um das ergebnisorientierte Wirken und selbständige Schaffen von Erfolg.

Auf LinkedIn veröffentlichen Sie seit geraumer Zeit regelmäßig Ihr „Leadership-Motto of the coming week“? Was bezwecken Sie damit?

Das mache ich seit etwa drei Jahren und es ist zuvorderst mein eigenes Wochenmotto. Damit erinnere ich mich selbst daran, worauf ich besonders Wert legen sollte. Echtes Leadership ist etwas anderes als Management. Diese Erfahrung habe ich selbst gemacht und möchte sie auch weitergeben. Sicher gibt es nicht den einen richtigen Führungsstil. Vielmehr sind bestimmte Prinzipien besonders wichtig, wie Authentizität sowie die Bereitschaft zur Selbstreflexion und eigenen Weiterentwicklung.

Sie kommen aus einem großen internationalen Bauunternehmen und waren dort bereits in einer exponierten Position tätig. Was hat Sie persönlich motiviert, bei SWIETELSKY eine Vorstandsfunktion zu übernehmen?

Ich habe einfach die Möglichkeit gesehen, aus der Konzernführungsposition heraus mit großem Handlungsspielraum die Zukunft des Unternehmens gestalten zu können. Und bei allen Herausforderungen, die unsere Zeit mit sich bringt, sprechen ja auch viele Parameter dafür, dass SWIETELSKY diese gute Zukunft haben kann.

Vielen Dank für das Gespräch!

Klaus Bleckenwegner im Wordrap:

Familie: höchste Priorität

Erfolg: Resultat aus vielen kleine Schritten

Klimakrise: Zukunftspotenzial

Effizienz: Keine Energieverschwendung

Leadership: Lebensmotto

Expansion: in gewissem Ausmaß für nachhaltige Entwicklung notwendig

Meine größte Zukunftshoffnung: Die Geburt meines gesunden zweiten Sohnes im kommenden Mai

 Mag. Clemens Kukacka

Redaktion

Mag. Clemens Kukacka

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